Altmaier / Ihre Forderung: Baustopp für neue Biogasanlagen
Ihre Forderung: Baustopp für neue Biogasanlagen
Sehr geehrter Herr Bundesminister Altmaier,
nach einem Bericht der Schwäbischen Zeitung nahmen Sie am 17. Juni 2013 an einer
Bürgerveranstaltung in Bad Waldsee teil und äußerten sich auf dieser Veranstaltung kritisch
gegenüber dem weiteren Zubau von Biogasanlagen in Deutschland. Die Zeitung zitierte Sie,
man habe bei den Biogasanlagen einen Ausbaustand erreicht, der nicht mehr steigerbar sei,
und insbesondere weil es in der Landwirtschaft beim Anbau eine Konkurrenz zwischen
Lebensmitteln und Energiepflanzen gäbe, müsse es einen Baustopp für neue Biogasanlagen
geben. Im Namen der Biogasbranche möchte ich zu Ihrer Aussage Stellung beziehen.
Zunächst will ich darauf hinweisen, dass eine weitere Steigerung des Anbaus von Energie-
pflanzen für die Verwendung in Biogasanlagen nicht zulasten der Lebensmittelproduktion
geschehen muss und nicht geschehen wird. Effizienzsteigerungen – z.B. durch Pflanzen-
züchtung und verbesserte Anbaumethoden – führen zu jährlichen Ertragssteigerungen von
etwa 1 % beim Anbau von Getreide für den Nahrungsmittelmarkt und rund 3 % bei Energie-
pflanzen. Daraus folgt zum einen, dass der Energiepflanzenertrag gesteigert werden kann,
ohne dass dadurch Land für den Anbau von Lebensmitteln verloren geht. Zum anderen
bedeutet dies aber auch, dass immer weniger Anbaufläche notwendig ist, um dieselbe
Menge Nahrungsmittel zu produzieren. Selbst wenn die Anbaufläche für den Energie-
pflanzenanbau ausgeweitet würde, hätte dies keinen quantitativen Rückgang der
Erntemengen für den Nahrungsmittelmarkt zur Folge. Zu diesem Schluss kommt auch der
Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung in seinem
Bericht „Chancen und Herausforderungen neuer Energiepflanzen“ (BT-Drucksache 17/3891,
S. 113).
Weiterhin ist festzuhalten, dass Deutschland aufgrund des demographischen Wandels
langfristig quantitativ weniger Erntemengen und somit sogar weniger Flächen für die
Nahrungsmittelproduktion benötigt, um unabhängig von Nahrungsmittelimporten zu sein.
Berücksichtigt man dies und die oben genannten Effizienzsteigerungen im Anbau, dann
verringert sich langfristig auch der Bedarf an Anbaufläche für die Ernährung. Nach neuesten
Berechnungen von Forschern der Universität Hohenheim erhöht sich dadurch das
Flächenpotenzial für die Biomasseproduktion zur energetischen Verwendung bis zum Jahr
2050 auf 7 bis 8 Mio. ha, ohne dass zusätzliche Lebensmittelimporte notwendig wären
(Bericht „Globale Analyse und Abschätzung des Biomasse-Flächennutzungspotentials“,
2012). Ungeachtet dessen hält der Fachverband Biogas eine Fläche von 4 Mio. ha für den
gesamten Anbau Nachwachsender Rohstoffe, und davon rund 2 Mio. ha für die
Biogasproduktion, bis 2030 für realistisch. Derzeit werden rund 1 Mio. ha für Biogas genutzt.
Das Potenzial für den Anbau von Energiepflanzen für die Verwendung in Biogasanlagen ist
in Deutschland demnach noch nicht ausgeschöpft. Daneben ist zu beachten, dass in Biogas-
anlagen nicht nur Energiepflanzen vergoren werden können. Beispielsweise ist Gülle als
Substrat hervorragend geeignet, aber nur etwa 20 Prozent der in Deutschland anfallenden
Gülle werden heute in Biogasanlagen verwendet. Dabei ist die Verwendung von Gülle in
mehreren Hinsichten vorteilhaft für den Klimaschutz. Nicht nur wird klimaneutral Strom und
Wärme produziert, es werden auch die extrem klimaschädlichen Methanemissionen ver-
mieden, die bei einer offenen Güllelagerung entstehen würden. Darüber hinaus ersetzen die
entstehenden Gärprodukte synthetische Düngemittel, deren Produktion extrem energieauf-
wändig ist. Eine weitere Option, die heute noch zu wenig genutzt wird, ist die Vergärung
biogener Abfälle (Biotonne) in Biogasanlagen. Neben der Energieproduktion würden Biogas-
anlagen dadurch zu einer ressourceneffizienten und klimaschonenden Abfallwirtschaft
beitragen. Allein aus Nebenprodukten der Landwirtschaft und organischen Abfällen könnte in
Deutschland noch ein zusätzliches Potenzial von 13,5 TWh bedarfsgerechter Strom aus
Biogas bereitgestellt werden.
In der Schwäbischen Zeitung wurden Sie mit dem Satz zitiert „Die Energiewende gelingt nur,
wenn man im örtlichen Bereich das Beste von allen regenerativen Energiequellen nutzt.“ Ich
kann Ihnen in diesem Punkt nur zustimmen und bitte Sie deshalb, auch das Beste der
Energiequelle Biogas zu nutzen. Biogasanlagen können ihre Stromproduktion dem Bedarf
flexibel anpassen und Regelenergie bereitstellen, so dass sie Verantwortung für die Netz-
stabilität übernehmen. Außerdem generieren Bau, Betrieb und Instandhaltung von Biogas-
anlagen regionale Wertschöpfung: Biogas ist eine Energiequelle aus der Region für die
Region. Ein Baustopp für neue Biogasanlagen würde bedeuten, eine große Chance für die
Energiewende zu vergeben. Gerne würden wir das Thema auch in einem persönlichen
Gespräch mit Ihnen erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
Fachverband Biogas e.V.
Dr. Claudius da Costa Gomez
Hauptgeschäftsführer
Sehr geehrter Herr Bundesminister Altmaier,
nach einem Bericht der Schwäbischen Zeitung nahmen Sie am 17. Juni 2013 an einer
Bürgerveranstaltung in Bad Waldsee teil und äußerten sich auf dieser Veranstaltung kritisch
gegenüber dem weiteren Zubau von Biogasanlagen in Deutschland. Die Zeitung zitierte Sie,
man habe bei den Biogasanlagen einen Ausbaustand erreicht, der nicht mehr steigerbar sei,
und insbesondere weil es in der Landwirtschaft beim Anbau eine Konkurrenz zwischen
Lebensmitteln und Energiepflanzen gäbe, müsse es einen Baustopp für neue Biogasanlagen
geben. Im Namen der Biogasbranche möchte ich zu Ihrer Aussage Stellung beziehen.
Zunächst will ich darauf hinweisen, dass eine weitere Steigerung des Anbaus von Energie-
pflanzen für die Verwendung in Biogasanlagen nicht zulasten der Lebensmittelproduktion
geschehen muss und nicht geschehen wird. Effizienzsteigerungen – z.B. durch Pflanzen-
züchtung und verbesserte Anbaumethoden – führen zu jährlichen Ertragssteigerungen von
etwa 1 % beim Anbau von Getreide für den Nahrungsmittelmarkt und rund 3 % bei Energie-
pflanzen. Daraus folgt zum einen, dass der Energiepflanzenertrag gesteigert werden kann,
ohne dass dadurch Land für den Anbau von Lebensmitteln verloren geht. Zum anderen
bedeutet dies aber auch, dass immer weniger Anbaufläche notwendig ist, um dieselbe
Menge Nahrungsmittel zu produzieren. Selbst wenn die Anbaufläche für den Energie-
pflanzenanbau ausgeweitet würde, hätte dies keinen quantitativen Rückgang der
Erntemengen für den Nahrungsmittelmarkt zur Folge. Zu diesem Schluss kommt auch der
Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung in seinem
Bericht „Chancen und Herausforderungen neuer Energiepflanzen“ (BT-Drucksache 17/3891,
S. 113).
Weiterhin ist festzuhalten, dass Deutschland aufgrund des demographischen Wandels
langfristig quantitativ weniger Erntemengen und somit sogar weniger Flächen für die
Nahrungsmittelproduktion benötigt, um unabhängig von Nahrungsmittelimporten zu sein.
Berücksichtigt man dies und die oben genannten Effizienzsteigerungen im Anbau, dann
verringert sich langfristig auch der Bedarf an Anbaufläche für die Ernährung. Nach neuesten
Berechnungen von Forschern der Universität Hohenheim erhöht sich dadurch das
Flächenpotenzial für die Biomasseproduktion zur energetischen Verwendung bis zum Jahr
2050 auf 7 bis 8 Mio. ha, ohne dass zusätzliche Lebensmittelimporte notwendig wären
(Bericht „Globale Analyse und Abschätzung des Biomasse-Flächennutzungspotentials“,
2012). Ungeachtet dessen hält der Fachverband Biogas eine Fläche von 4 Mio. ha für den
gesamten Anbau Nachwachsender Rohstoffe, und davon rund 2 Mio. ha für die
Biogasproduktion, bis 2030 für realistisch. Derzeit werden rund 1 Mio. ha für Biogas genutzt.
Das Potenzial für den Anbau von Energiepflanzen für die Verwendung in Biogasanlagen ist
in Deutschland demnach noch nicht ausgeschöpft. Daneben ist zu beachten, dass in Biogas-
anlagen nicht nur Energiepflanzen vergoren werden können. Beispielsweise ist Gülle als
Substrat hervorragend geeignet, aber nur etwa 20 Prozent der in Deutschland anfallenden
Gülle werden heute in Biogasanlagen verwendet. Dabei ist die Verwendung von Gülle in
mehreren Hinsichten vorteilhaft für den Klimaschutz. Nicht nur wird klimaneutral Strom und
Wärme produziert, es werden auch die extrem klimaschädlichen Methanemissionen ver-
mieden, die bei einer offenen Güllelagerung entstehen würden. Darüber hinaus ersetzen die
entstehenden Gärprodukte synthetische Düngemittel, deren Produktion extrem energieauf-
wändig ist. Eine weitere Option, die heute noch zu wenig genutzt wird, ist die Vergärung
biogener Abfälle (Biotonne) in Biogasanlagen. Neben der Energieproduktion würden Biogas-
anlagen dadurch zu einer ressourceneffizienten und klimaschonenden Abfallwirtschaft
beitragen. Allein aus Nebenprodukten der Landwirtschaft und organischen Abfällen könnte in
Deutschland noch ein zusätzliches Potenzial von 13,5 TWh bedarfsgerechter Strom aus
Biogas bereitgestellt werden.
In der Schwäbischen Zeitung wurden Sie mit dem Satz zitiert „Die Energiewende gelingt nur,
wenn man im örtlichen Bereich das Beste von allen regenerativen Energiequellen nutzt.“ Ich
kann Ihnen in diesem Punkt nur zustimmen und bitte Sie deshalb, auch das Beste der
Energiequelle Biogas zu nutzen. Biogasanlagen können ihre Stromproduktion dem Bedarf
flexibel anpassen und Regelenergie bereitstellen, so dass sie Verantwortung für die Netz-
stabilität übernehmen. Außerdem generieren Bau, Betrieb und Instandhaltung von Biogas-
anlagen regionale Wertschöpfung: Biogas ist eine Energiequelle aus der Region für die
Region. Ein Baustopp für neue Biogasanlagen würde bedeuten, eine große Chance für die
Energiewende zu vergeben. Gerne würden wir das Thema auch in einem persönlichen
Gespräch mit Ihnen erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
Fachverband Biogas e.V.
Dr. Claudius da Costa Gomez
Hauptgeschäftsführer